Das Interview erschien am 6. August im BirsigtalBote. Text: Georges Küng
An diesem Wochenende gehen die Sommerferien zu Ende. Das Jahr 2020 wird seit März vom Coronavirus geprägt und hat weltweite Folgen. Und gerade Reisebüros stehen vor grossen Herausforderungen. Wir haben uns mit einem Mann unterhalten, der wie kein zweiter im «BiBo-Land» darüber profund Auskunft geben kann.
Er ist ein Vollblut-Leimentaler, auch wenn er jetzt in der Stadt wohnt. Man kennt ihn, weil er ein Fachgeschäft (in Oberwil) führt(e), das - Covid-19 sei «gedankt» - neu, in Therwil, strukturiert werden musste. Die Rede ist von Alex Bähler.
BiBo: Dürfen wir ein paar Eckdaten zu Ihrer Person und den beruflichen Werdegang erfahren?
Alex Bähler: Gerne! In Bottmingen und Oberwil aufgewachsen, wohne ich zwar inzwischen in Basel, bin aber im Herzen natürlich stets dem (Leimen-)Tal verbunden geblieben. Auch wenn nicht mehr so oft in der «Schicki» in Oberwil anzutreffen bin ... als ich dort noch an der legendären Bar im 1. Stock gearbeitet habe.
Mich haben schon immer Einblicke und Eindrücke anderer Länder und Kulturen fasziniert und so lag es auf der Hand, dieser Faszination nicht nur als fleissiger Leser von Büchern und Berichten nachzugehen, sondern schliesslich nach erfolgter Ausbildung auch die Chance zu ergreifen, etwas Konkretes daraus zu machen.
Heute noch bin ich dankbar, dass ich damals als Praktikant bei Media Reisen einsteigen durfte. Nach vielen Jahren und verschiedenen Jobs und Verantwortlichkeiten bei Media Reisen bin ich heute Mitglied der Geschäftsleitung der Media Touristik AG und dabei zuständig für den Bereich der Reisebüros.
Das Coronavirus hat die Reisebranche mehr als tangiert, ja förmlich «durchgeschüttelt». Können Sie uns in einigen Sätzen den Zustand der Reisebüros beschreiben?
Ja, dem ist so. Wir sprechen hier über die grösste Krise der letzten 30 Jahre. Natürlich sind wir als Branche per se sehr krisenerfahren, und das kommt uns in Zeiten wie diesen sicherlich auch zugute; aber etwas in dieser Grössenordnung gab es für uns, wie natürlich für viele andere Branchen, bis dato noch nie. Und es war auch bis vor einem halben Jahr irgendwie auch nicht vorstellbar.
Den Zustand und das Wohlbefinden der Reisebüros im Allgemeinen kann ich schwerlich beschreiben, aber es ist auf jeden Fall für viele Unternehmen sicherlich äusserst schwierig zu managen. Auch wir als Media Reisen gehen natürlich durch schwere Zeiten, aber es ist doch so, dass ich durch einen ganzen Strauss von Faktoren und Massnahmen Licht am Ende des Tunnels sehe. Einer der Faktoren ist bestimmt unsere lokale Verankerung im Raum in und um Basel. Wir kennen unsere Kunden und unsere Kunden kennen uns, es besteht ein über Jahre, ja Jahrzehnte gewachsenes Vertrauensverhältnis - unsere Kunden wissen, dass wir jederzeit alles für Sie tun, wir sind für Sie da, auch in Krisenzeiten. Das war insbesondere auch nach der Rückrufaktion des Bundes spürbar. Wir haben nicht geruht und nicht aufgegeben, als es darum ging, unsere Kunden aus jeder Ecke und aus jedem land in die Schweiz zurückzuholen - und dies teils unter unvorstellbar erschwerten Bedingungen, während sich Flugpläne und Reisebestimmungen in dieser Zeit weltweit ja praktisch täglich änderten.
Ein weiterer Faktor zum Thema « Licht am Ende des Tunnels» ist natürlich insgesamt unsere Flexibilität als Media Reisen. Wir haben wohl für jedes land und jede Reiseart Spezialisten unter unseren Mitarbeitern, als Unternehmen sind wir aber auf die Bedürfnisse unserer Kunden fokussiert und diese sind so vielfältig wie die Welt. Wir haben also nicht nur ein Land oder eine Reiseart als Produkt - und wenn dieses nicht mehr machbar ist, stehen wir vor dem Nichts. Unsere neuen Programme für die Schweiz und für Frankreich sind diesem flexiblen Geist entsprungen und werden auch durchaus gebucht.
Eine «ketzerische» Frage: Warum braucht es eigentlich im Zeitalter von Internet lnstagram und Twitter überhaupt Reisebüros?
Das ist für mich keine ketzerische Frage! Jedes Unternehmen, welches im Verkauf tätig ist, kann und muss sich in der heutigen Zeit genau diese Frage der Daseinsberechtigung immer wieder stellen. Für die Reisebüros liegt es auf der Hand: Es geht bei Reisen immer auch um Gefühle. Und wer soll, Stand heute, die vielfältigen Gefühle und Bedürfnisse der Menschen besser verstehen als ein Mensch? Im Internet nennt sich zum Beispiel jedes Hotel das beste und doch kennt kein Hotelmanager mich und weiss, ob sein Objekt das beste für mich ist. Der Mensch von heute lässt sich noch nicht so einkategorisieren, wie das auf Gewinnoptimierung programmierte Maschinen im Sinne des individuell denkenden und fühlenden Menschen spiegeln könnten.
Sie haben den Standort Oberwil aufgegeben, dafür ein Novum in Therwil eingeführt, Können Sie uns hierzu Näheres sagen?
Ja, gerne. Wie bereits bekannt, haben wir uns nach dem lockdown entschlossen, das klassische Reisebüro in Oberwil nicht mehr in alter Manier weiterzuführen, sondern das Geschäft mitsamt den Mitarbeitern in unsere Büros in Arlesheim und Basel zu integrieren. Dabei wollten wir jedoch zu keinem Zeitpunkt einfach aus dem Birsig- bzw. leimental verschwinden, sondern im Gegenteil unseren geschätzten Kunden trotzdem die Gelegenheit geben, uns persönlich zu sehen. Wir wollten uns nicht nur noch ab und zu aus der Feme melden. Der persönliehe Kundenkontakt ist in unserer Philosophie ein wichtiger Bestandteil der Kreation massgeschneiderter Reiseerlebnisse - davon wollen wir nicht abweichen. So entstand ganz nach dem Motto «support your local» die Idee der Zusammenarbeit mit einem anderen lokalen Unternehmen. Mit der KML Cafeteria in Therwil haben wir ein sympathisches Unternehmen gefunden, welches unseren Ansprüchen an eine zentrale Lage erfüllte. So kam es dazu, dass wir nun neu in den Räumlichkeiten der KML Cafeteria jeweils am Montag und Freitag (vonnittags) für unsere Kunden an einem «Reisebürotisch» präsent sind. Das Angebot wird bereits gut angenommen und es ergeben sich auch immer wieder für beide Seiten spannende Gespräche mit Menschen, welche bis dato nicht den Weg in unser früheres Büro im Mühlemattcenter «gefunden» hatten. Ich kann mir vorstellen, dass solche Zusammenarbeiten über Branchengrenzen hinweg, immer aber mit lokalem Bezug, in naher Zukunft eine Renaissance erleben -wir sind auf jeden Fall sehr glücklich damit!
Sie sind bestimmt reiseerfahren, Wo verbringen Sie, wenn möglich, am liebsten Ihre Urlaube. Und gibt es so etwas wie Traum-Destinationen?
Traum-Destinationen gibt es bestimmt ... nur sind natürlich auch hier die Träume der Menschen so vielfältig wie die Welt ist. Für mich gibt es grundsätzlich einfach Orte, wo ich hinkomme und gleich spüre ... wow, hier fühle ich mich wohl. Hier liegt was in der Luft, mit dem ich mich in Einklang bringen kann, so einfach ist das. Diese Orte sind auch bei mir sehr verschieden, das ist wohl auch dem jeweiligen Lebensmomentum geschuldet. Immer wieder wohl fühle ich mich auf jeden Fall auf einer kleinen Insel im Golf von Mexiko, welche auf der Höhe von Tampa mit einer Strasse mit dem amerikanischen Festland verbunden ist.
Ein anderer Ort ist sicherlich Chiang Mai im Norden von Thailand - auch hier fühle ich die Vibes, fühle mich vom ersten Moment angekommen, wohlwissend, dass Chiang Mai gleichzeitig das Tor für viele mögliche erlebnisreiche Routen zur Erkundung Nordthailands ist von der gebirgigen Grenze zu Myanmar bis hin zum Goldenen Dreieck und der Grenze zu Laos an den Ufern des Mekong Flusses.
Natürlich muss eine « Traum-Destination» nicht zwingend so fern der Heimat liegen. Ich liebe auch Napoli des famosen Essens wegen, Schottland seiner beeindruckenden Geschichte wegen, Mykonos mit seiner quirligen Altstadt die Provence mit ihrer wunderbaren Natur ... ach, es ist einfach ein Traum, reisen zu können.
Können Ferien in der Schweiz in der heutigen Zeit nicht DIE Alternative sein? Oder kann ein Reisebüro nur überleben, wenn grosse Auslandsurlaube gebucht werden?
Hmmm ... Ferien in der Schweiz - was soll ich sagen? Die Schweiz hat gewiss viel zu bieten und natürlich kann ich gerne ein paar entspannte Tage hier und dort verbringen .. aber trotzdem ist es für mich persönlich zumindest so, dass ich am Ende der Ferien nie derart inspiriert nach Hause komme, weil ich gar nie das Gefühl habe, wirklich «weg» gewesen zu sein. Das Gute der Schweiz ist mir da irgendwie doch zu nah sozusagen. Mir geht es bei Reisen doch auch immer um Begegnungen mit Menschen anderer Kulturen oder auch schon nur mit Menschen mit anderen Lebensläufen, Lebenseinstellungen oder Tagesabläufen. Darum sind Ferien in der Schweiz für mich, wie wohl auch für die meisten anderen Bewohner unseres Landes, sicherlich eine Ergänzung in der Jahresferienplanung wert - aber ganz sicherlich nicht/weniger der Ersatz für alles, was wir Reisende am Reisen schätzen.
Wie würden Sie Ortsfremden das Leimental schildern und beschreiben?
Das hängt natürlich davon ab, wie fremd die Person mir selber und der Region ist. Ich kann das Lei mental nicht beschreiben, ohne auch mich selbst mit meiner Verbundenheit zu schildern -da geht es um Erlebnisse, um Momente, um Menschen, um konkrete Orte, die im Leben irgendwie einen Platz ergattert haben und in der Erinnerung im Herzen bleiben. Vergangenes wie auch noch Bestehendes - vom Schlittschuhlaufen beim Bottminger Schloss über das eigene Velofahren-lernen am Birsig entlang, Töfflitouren die Dörfer rauf und runter, wunderbare Sonntagnachmittage beim Eisweiher in Oberwil, als das Jugendhaus noch «Hardrock Cafe• genannt wurde, immer wieder das Restaurant und die Bar «Schickeria», welches zum regelmässigen Treffpunkt einer ganzen Generation wurde; aber natürlich auch das Oser-Denkmal oberhalb BielBenken mit ein paar legendären Grillabenden ... In diesem Sinne kann man das Birsigund leimental vielleicht einfach nicht beschreiben - man muss es erleben!
Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Herrn Bähler nicht nur ein grosses Dankeschön auszusprechen (Merci, Alex), sondern ihm und seinem Team alles Gute und Erfolg in diesen nicht einfachen Zeiten zu wünschen. Und unserer Leserschaft sei ans Herz gelegt: Geht es um Reisen, so hat es im Leimental DAS Fachgeschäft, welches ihre Urlaubswünsche (und vielleicht auch Träume) zu erfüllen vermag.
Themen: Reisebüro, Interview, Coronavirus